Artikel 3 des Grundgesetzes legte 1949 das Fundament: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt." Maßgeblich angeregt von einer der Mütter der Verfassung: Elisabeth Selbert (SPD, 1896-1986)
https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte-der-bundesregierung/...
https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte-der-bundesregierung/...
Dennoch sind Frauen 76 Jahre später gesellschaftlich, wirtschaftlich, sozial und auch persönlich immer noch nicht wirklich gleichberechtigt.
Frauen sind in Parlamenten in Deutschland nach wie vor unterrepräsentiert –
Das gilt übrigens auch in den Kommunalparlamenten im Kreis Waldshut.
Allein im Kreistag Waldshut sind von 57 Mitgliedern nur 12 Frauen (21%). Im Fraktionsvergleich überdurchschnittlich hoch ist dort der Frauenanteil bei Grünen (57%) und SPD (33%). Eine weitere Kreisrätin ist einziges fraktionsloses Mitglied im Kreistag.
Wie bereits zum Equalpayday berichtet besteht am Arbeitsmarkt und bei den Gehältern nach wie vor ein erheblicher Gender Gap zwischen Frauen und Männern.
Bei nur 10,3 % der Paare ist die Frau die Haupteinkommensperson
Obwohl nachweislich gemischte Teams viel erfolgreicher sind als homogene Teams und Firmen schon allein deshalb ein Interesse an mehr Frauen in den Teams haben sollten – auch in Vorständen und Aufsichtsräten https://www.hrjournal.de/gemischte-boards-sind-erfolgreicher/.
Zudem ist das Insovenzrisiko bei frauengeführten Firmen geringer als bei männlich geführten.
Die Armutsgefährdung ist bei Frauen höher als bei Männern, besonders das Risiko der Altersarmut https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Einkommen-Konsum-L...
Zudem macht das Gender Care Gap 2022 deutlich: Frauen leisten 44,3 % mehr unbezahlte Arbeit in der Pflege und Erziehung als Männer
Zwar gibt es in Deutschland inzwischen mehr Abiturientinnen als Abiturienten und die Spitzenabitursnoten werden überwiegend von Frauen erzielt,
weltweit haben Mädchen und Frauen immer noch einen schlechteren Zugang zur Bildung
Aber auch in Deutschland folgt der Karriereknick für Frauen im Studium. Ein Studium beginnen in Deutschland inzwischen überwiegend Frauen, aber je höher die Stufe der akademischen Karriere, desto niedriger der Frauenanteil:
Studienabschlüsse 2023 weiblich: 53%
Promotionen ´2023 weiblich: 46%
Habilitationen 2023 weiblich: 37%
Zwar steigt der Anteil der Frauen, aber immer noch sind nur 29% der Professorenschaft weiblich https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/12/PD24_459_21...
Häusliche Gewalt und sexualisierte Gewalt wird auch in unserem angeblich zivilisierten Land immer noch weit überwiegend von Männern verübt und richtet sich überwiegend gegen Frauen. Deshalb war es wichtig, dass auch nach Scheitern der Ampelregierung das Gewalthilfegesetz beschlossen wurde
Umsetzung Istanbul-Konvention und Gewalthilfegesetz
Das Gewalthilfegesetz (GewHG) wurde durch Bundestag und Bundesrat verabschiedet und am 27. Februar 2025 als Artikel 1 des „Gesetzes für ein verlässliches Hilfesystem bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt“ im Bundesgesetzblatt verkündet, das mit einigen Ausnahmen am Tag nach der Verkündung in Kraft tritt. https://www.recht.bund.de/bgbl/1/2025/57/VO
Wesentliche Teile der §§ 3 und 4 GewHG treten allerdings erst am 1. Januar 2032 in Kraft, um den Ländern die Umsetzung zu ermöglichen.
Was hat das inhaltlich für unsere Region zu bedeuten?
Nach hier vorliegenden Mitteilungen steht eine erneute Überprüfung der Umsetzung der Istanbul-Konvention (IK) in Deutschland an. Im September 2025 wird die Experten-Kommission GREVIO erneut nach Deutschland kommen, um zu überprüfen, wie Deutschland seine Verpflichtungen aus der IK umgesetzt hat. Gerade erst wurde der Bericht Gewaltschutzstrategie nach der Istanbul-Konvention vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend veröffentlicht. https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/gewaltschutzstrategie... .
Mit der Ratifizierung der Istanbul-Konvention hatte sich Deutschland 2018 dazu verpflichtet, gewaltbetroffenen Frauen und Mädchen niedrigschwellige, spezialisierte, barriere- und diskriminierungsfreie Unterstützung bereitzustellen. Als Richtwert für Frauenhäuser wird dabei auf eine Empfehlung der Task Force des Europarates verwiesen. Diese Task force empfiehlt, dass es pro 7500-10000 Einwohnende mindestens einen „Familienplatz“ in einer Schutzeinrichtung geben soll:
Blueprint of the Council of Europe Campaign to Combat Violence against Women, including Domestic Violence prepared by the Task Force to Combat Violence against Women, including domestic violence (EG[1]TFV) and adopted by the Committee of Ministers on 21 June 2006; https://www.coe.int/t/dg2/equality/domesticviolencecampaign/Source/Bluep... ;
Combating violence against women: minimum standards for support services; https://www.coe.int/t/dg2/equality/domesticviolencecampaign/Source/EG-VA...(2007)Study%20rev.en.pdf
“Shelters are the only support service for which there is a recommended standard for levels of provision in European instruments: set at one place or family place per 7,500 of the population to 10,000 of the population34. We define a family place as an adult plus the average number of children. Clearly a family place is a larger number of beds than a ‘place’, and recognises that half or more of shelter residents are children.”.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang gerade die Umsetzung der IK im Kreis Waldshut.
Nach eigenen Recherchen wird deutlich, dass das Angebot im Landkreis Waldshut an sicheren Rückzugsmöglichkeiten deutlich niedriger ist als in den meisten Nachbarkreisen und schon häufiger Frauen in Not keinen Platz im Frauenhaus finden konnten. In den meisten Nachbarkreisen ist die Versorgung mit Schutzplätzen deutlich besser: in Lörrach gibt es allein 24 Plätze. Im Bodenseekreis gibt es seit 2009 ein Frauenhaus. Anfangs hatte es 18 Plätze, inzwischen sind es 20. Aber es scheint auch in Konstanz erhebliche Probleme zu geben. Im Frauenhaus Konstanz haben im Jahr 2022 341 Personen nach Schutz gefragt. 75 davon erhielten eine Absage aus Platzgründen. Im Landkreis Waldshut gibt es gerade einmal 6 Plätze. Und auch hier müssen wohl schutzsuchende Frauen häufiger abgewiesen werden.
Nach den Empfehlungen des Europarates ergäben sich als Zielsetzung für die künftige Ausstattung an Schutzplätzen (Südkurier und eigene Recherchen): Siehe Grafiken
Der Mindest-Fehlbedarf in den betrachteten Landkreisen ist zum Teil beträchtlich und beträgt je nach Landkreis zwischen 23% und 79% .
Bundestag und Bundesrat haben in ihren jeweils letzten Sitzungen der laufenden Legislaturperiode das Gesetz für ein verlässliches Hilfesystem bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt beschlossen. Dazu gehört auch die Ermittlung und Festlegung des Bedarfs sowie die Förderung der materiellen Umsetzung der Istanbul – Konvention.
Der Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung tritt am 1. Januar 2032 in Kraft, um den Ländern die Gelegenheit zu geben, die Voraussetzungen für dessen Erfüllung zu schaffen.
In einer begleitenden Entschließung unterstützt der Bundesrat das Ziel, ein verlässliches und bedarfsgerechtes Hilfesystem für von Gewalt bedrohte Frauen und ihre Kinder zu schaffen. Bundesweit würden mehr Frauenhausplätze benötigt; auch die Fachberatung müsse weiter ausgebaut werden. Hierfür sei ein entschiedener Einsatz von Bund, Ländern und Kommunen erforderlich. Der Bundesrat begrüßt die vorgesehene Finanzierung bis zum Jahr 2036, bittet die Bundesregierung jedoch, aus Gründen der Planungssicherheit die Finanzierung über das Jahr 2036 hinaus sicherzustellen.
Wichtig: Die Schutzeinrichtungen gegen Gewalt sowie deren Träger bedürfen einer Anerkennung nach §§ 6 und 7 Gewalthilfegesetz durch das Bundesland.
Es wird durch eine Verordnung geregelt, wie eine statistische Erfassung der Angebote und Inanspruchnahme der Schutzeinrichtungen erfolgt.
Die Sicherstellung bedarfsgerechter Einrichtungen ist Landesaufgabe (§5). Die anerkannten Einrichtungen und deren Träger haben Anspruch auf angemessene Finanzierung.
Hierzu haben die Länder bis Ende 2026 nach § 8 den Bedarf zu ermitteln und zu planen.
Wir gehen davon aus, dass als Hoheitsträger die Landkreise für die notwendigen örtlichen Ermittlungen und Mitwirkungen zuständig sind.